26.2.2018
Özdemirs Bundestagsrede zur AfD
"Deutschland ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird"
Mit einer Bundestagsrede als Erwiderung auf einen AfD-Antrag hat der Grüne Cem Özdemir diese Woche viel Beachtung erzielt. Der Tagesspiegel veröffentlicht die Rede noch einmal zum Nachlesen.
Die AfD ist diese Woche mit einem Antrag zur Missbilligung von Artikeln des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel im Bundestag gescheitert. Für Aufsehen hat dabei die Rede des Grünen-Politikers Cem Özdemir gesorgt. Der Tagesspiegel hat die Rede im Original-Wortlaut veröffentlicht:
"Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
(Stephan Brandner [AfD]: Herr Außenminister!)
Man muss sich vergegenwärtigen, worüber wir heute tatsächlich reden. Wir reden über die Arbeit und die Artikel eines deutschen Journalisten. So etwas kennen wir sonst nur aus autoritären Ländern. Der Deutsche Bundestag hingegen benotet nicht die Arbeit von Journalisten und Journalistinnen. Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland ist das Parlament keine oberste Zensurbehörde. So etwas gibt es nur in den Ländern, die Sie bewundern. Deutschland gehört nicht dazu.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Was wissen Sie denn, wen wir bewundern!)
In unserem Land, der Bundesrepublik Deutschland, gibt es nicht die Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen. Bei uns gibt es Pressefreiheit, ein Wort, das in Ihrem Wortschatz ganz offensichtlich nicht vorhanden ist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der AfD)
Die Pressefreiheit werden wir Ihnen gegenüber genauso verteidigen wie gegenüber Ihren Genossen in der Türkei, die Deniz Yücel ein Jahr seines Lebens geklaut haben.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Wir sind froh, dass Deniz Yücel frei ist. Damit kein Missverständnis entsteht: Genauso froh wären wir, wenn er Gustav Müller oder sonst wie heißen würde; denn jeder Bürger dieses Landes hat es verdient, dass sich dieses Land für ihn einsetzt; das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Jeder weiß es, außer Ihnen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken
Wir alle, der demokratische Teil dieses Hauses,
(Lachen bei der AfD)
setzen uns dafür ein, dass die anderen Journalisten, die ebenfalls in Haft sind, aber keinen deutschen Pass haben, freigelassen werden – sie haben es genauso verdient –; denn Journalismus ist kein Verbrechen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Aber zur Wahrheit gehört leider auch: Das Land hat sich in dem einen Jahr, in dem Deniz Yücel im Gefängnis war, dramatisch verändert, und davon zeugt diese Debatte. Denn mittlerweile sitzen Abgeordnete in diesem Haus, die ich nicht anders als Rassisten bezeichnen kann. Wer sich so gebiert (Anm. der Redaktion: Richtig müsste es hier "gebärdet" heißen) , ist ein Rassist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der AfD)
Ich meine diese Damen und Herren hier ganz rechts. Ich stehe am Mikrofon und Gott sei Dank können Sie es mir nicht abstellen. Ich weiß, in dem Regime, von dem Sie träumen, könnte man das Mikrofon abstellen; aber das kann man hier Gott sei Dank nicht. Sie werden es nicht schaffen, das zu ändern. Glauben Sie es mir!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Mein Gott, halten Sie die Klappe!)
Sie wollen bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht.
(Beatrix von Storch [AfD]: Nun sind wir da! Gewöhnt euch dran! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir sind gewählt worden, Herr Özdemir! Es waren Deutsche, die uns gewählt haben!)
Wie kann jemand, der Deutschland, der unsere gemeinsame Heimat so verachtet, wie Sie es tun, darüber bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist?
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich sage Ihnen mal eins: Wenn Sie darüber bestimmen würden, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist, dann wäre das ungefähr so, als wenn man Rassisten an das Ausstiegstelefon für Neonazis setzen würde.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Übrigens, wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen: Ich habe sie. Ich kann sie Ihnen gern zur Verfügung stellen.
(Beifall bei Abgeordneten des Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der Linken)
Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Özdemir, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen): Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
(Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Feige!)
Sie alle von der AfD, wie Sie da sitzen, würden, wenn Sie ehrlich wären, zugeben, dass Sie dieses Land verachten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist ja wohl eine Frechheit!)
Sie verachten alles, wofür dieses Land in der ganzen Welt geachtet und respektiert wird. Dazu gehört beispielsweise unsere Erinnerungskultur, auf die ich als Bürger dieses Landes stolz bin.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dazu gehört die Vielfalt in diesem Land, auf die ich genauso stolz bin. Dazu gehören Bayern, Schwaben, dazu gehören aber auch Menschen, deren Vorfahren aus Russland kommen, und dazu gehören Menschen, deren Vorfahren aus Anatolien kommen und die jetzt genauso stolz darauf sind, Bürger dieses Landes zu sein.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dazu gehört – das muss ich schon einmal sagen; da fühle ich mich auch als Fußballfan persönlich angesprochen – unsere großartige Nationalmannschaft. Wenn Sie ehrlich sind: Sie drücken doch den Russen die Daumen und nicht unserer deutschen Nationalmannschaft. Geben Sie es doch zu!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dieses Hohe Haus verachten Sie genauso, wie Sie die Werte der Aufklärung verachten. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie diejenigen, die Deniz Yücel verhaften ließen. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie Erdogan, der Deniz Yücel für ein Jahr seines Lebens verhaftet ließ. Ich sage es einmal in einem Satz: Die AKP hat einen Ableger in Deutschland. Er heißt AfD, und er sitzt hier.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Sie hatten ja vor kurzem einen politischen Aschermittwoch. Mich hat das eher an eine Rede im Sportpalast erinnert. Ich will Ihnen zurufen: Unser Deutschland, dieses Deutschland, ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Ihr tobender Mob wollte am Aschermittwoch, dass ich abgeschoben werde. Das geht leichter, als Sie sich das vorstellen. Am kommenden Samstag bin ich wieder in meiner Heimat. Ich fliege nach Stuttgart. Dort nehme ich die S-Bahn, und ich steige am Endbahnhof Bad Urach aus. Da ist meine schwäbische Heimat, und die lasse ich mir von Ihnen nicht kaputtmachen."
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Özdemirs Bundestagsrede zur AfD
"Deutschland ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird"
Mit einer Bundestagsrede als Erwiderung auf einen AfD-Antrag hat der Grüne Cem Özdemir diese Woche viel Beachtung erzielt. Der Tagesspiegel veröffentlicht die Rede noch einmal zum Nachlesen.
Die AfD ist diese Woche mit einem Antrag zur Missbilligung von Artikeln des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel im Bundestag gescheitert. Für Aufsehen hat dabei die Rede des Grünen-Politikers Cem Özdemir gesorgt. Der Tagesspiegel hat die Rede im Original-Wortlaut veröffentlicht:
"Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
(Stephan Brandner [AfD]: Herr Außenminister!)
Man muss sich vergegenwärtigen, worüber wir heute tatsächlich reden. Wir reden über die Arbeit und die Artikel eines deutschen Journalisten. So etwas kennen wir sonst nur aus autoritären Ländern. Der Deutsche Bundestag hingegen benotet nicht die Arbeit von Journalisten und Journalistinnen. Bei uns in der Bundesrepublik Deutschland ist das Parlament keine oberste Zensurbehörde. So etwas gibt es nur in den Ländern, die Sie bewundern. Deutschland gehört nicht dazu.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Was wissen Sie denn, wen wir bewundern!)
In unserem Land, der Bundesrepublik Deutschland, gibt es nicht die Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen. Bei uns gibt es Pressefreiheit, ein Wort, das in Ihrem Wortschatz ganz offensichtlich nicht vorhanden ist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der AfD)
Die Pressefreiheit werden wir Ihnen gegenüber genauso verteidigen wie gegenüber Ihren Genossen in der Türkei, die Deniz Yücel ein Jahr seines Lebens geklaut haben.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Wir sind froh, dass Deniz Yücel frei ist. Damit kein Missverständnis entsteht: Genauso froh wären wir, wenn er Gustav Müller oder sonst wie heißen würde; denn jeder Bürger dieses Landes hat es verdient, dass sich dieses Land für ihn einsetzt; das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit. Jeder weiß es, außer Ihnen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken
Wir alle, der demokratische Teil dieses Hauses,
(Lachen bei der AfD)
setzen uns dafür ein, dass die anderen Journalisten, die ebenfalls in Haft sind, aber keinen deutschen Pass haben, freigelassen werden – sie haben es genauso verdient –; denn Journalismus ist kein Verbrechen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Aber zur Wahrheit gehört leider auch: Das Land hat sich in dem einen Jahr, in dem Deniz Yücel im Gefängnis war, dramatisch verändert, und davon zeugt diese Debatte. Denn mittlerweile sitzen Abgeordnete in diesem Haus, die ich nicht anders als Rassisten bezeichnen kann. Wer sich so gebiert (Anm. der Redaktion: Richtig müsste es hier "gebärdet" heißen) , ist ein Rassist.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der AfD)
Ich meine diese Damen und Herren hier ganz rechts. Ich stehe am Mikrofon und Gott sei Dank können Sie es mir nicht abstellen. Ich weiß, in dem Regime, von dem Sie träumen, könnte man das Mikrofon abstellen; aber das kann man hier Gott sei Dank nicht. Sie werden es nicht schaffen, das zu ändern. Glauben Sie es mir!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Mein Gott, halten Sie die Klappe!)
Sie wollen bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht.
(Beatrix von Storch [AfD]: Nun sind wir da! Gewöhnt euch dran! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir sind gewählt worden, Herr Özdemir! Es waren Deutsche, die uns gewählt haben!)
Wie kann jemand, der Deutschland, der unsere gemeinsame Heimat so verachtet, wie Sie es tun, darüber bestimmen, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist?
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und der Linken sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich sage Ihnen mal eins: Wenn Sie darüber bestimmen würden, wer Deutscher ist und wer nicht Deutscher ist, dann wäre das ungefähr so, als wenn man Rassisten an das Ausstiegstelefon für Neonazis setzen würde.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Übrigens, wenn Sie die Nummer des Ausstiegstelefons für Neonazis brauchen: Ich habe sie. Ich kann sie Ihnen gern zur Verfügung stellen.
(Beifall bei Abgeordneten des Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der Linken)
Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Özdemir, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen): Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
(Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Feige!)
Sie alle von der AfD, wie Sie da sitzen, würden, wenn Sie ehrlich wären, zugeben, dass Sie dieses Land verachten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist ja wohl eine Frechheit!)
Sie verachten alles, wofür dieses Land in der ganzen Welt geachtet und respektiert wird. Dazu gehört beispielsweise unsere Erinnerungskultur, auf die ich als Bürger dieses Landes stolz bin.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dazu gehört die Vielfalt in diesem Land, auf die ich genauso stolz bin. Dazu gehören Bayern, Schwaben, dazu gehören aber auch Menschen, deren Vorfahren aus Russland kommen, und dazu gehören Menschen, deren Vorfahren aus Anatolien kommen und die jetzt genauso stolz darauf sind, Bürger dieses Landes zu sein.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dazu gehört – das muss ich schon einmal sagen; da fühle ich mich auch als Fußballfan persönlich angesprochen – unsere großartige Nationalmannschaft. Wenn Sie ehrlich sind: Sie drücken doch den Russen die Daumen und nicht unserer deutschen Nationalmannschaft. Geben Sie es doch zu!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Dieses Hohe Haus verachten Sie genauso, wie Sie die Werte der Aufklärung verachten. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie diejenigen, die Deniz Yücel verhaften ließen. Sie sind aus demselben faulen Holz geschnitzt wie Erdogan, der Deniz Yücel für ein Jahr seines Lebens verhaftet ließ. Ich sage es einmal in einem Satz: Die AKP hat einen Ableger in Deutschland. Er heißt AfD, und er sitzt hier.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Sie hatten ja vor kurzem einen politischen Aschermittwoch. Mich hat das eher an eine Rede im Sportpalast erinnert. Ich will Ihnen zurufen: Unser Deutschland, dieses Deutschland, ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)
Ihr tobender Mob wollte am Aschermittwoch, dass ich abgeschoben werde. Das geht leichter, als Sie sich das vorstellen. Am kommenden Samstag bin ich wieder in meiner Heimat. Ich fliege nach Stuttgart. Dort nehme ich die S-Bahn, und ich steige am Endbahnhof Bad Urach aus. Da ist meine schwäbische Heimat, und die lasse ich mir von Ihnen nicht kaputtmachen."
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der Linken)